
Seien wir doch mal ehrlich: Der Tod ist etwas über das man nicht gerne viele Worte verliert und als Unterhaltungsthema auf Parties absolut ungeeignet. Wer allerdings häufiger Rollenspiele betreibt, kommt nicht umher, über die eine oder andere Leiche zu stolpern, egal ob man nun einen gewissen Anteil an diesem Zustand hat oder nicht. Manchmal allerdings ist der Tod erst der Anfang, dann zum Beispiel, wenn in einem Cthulhu Szenario die Charaktere einem niederträchtigen Serienkiller das Handwerk legen müssen, oder bei Shadowrun ein Mord der Anfangpunkt eines Abenteuers darstellt. In solchen Situationen kann der Zustand einer Leiche von extrem wichtiger Natur sein, da er Rückschlüsse auf die Art und den Zeitpunkt des Todes zulässt.
Wie man aufgrund verschiedener Faktoren solche Rückschlüsse ziehen kann, werde ich nun zu beleuchten versuchen, wobei ich anmerken möchte, dass ich weder Mediziner bin, noch in meiner Freizeit Leichen ausgrabe, um sie zu untersuchen. Folgende Informationen sind also nur ein Wissensgrundstock, den man, wenn man sich denn mit der Materie tiefergehend beschäftigen möchte, gerne weiter ausbauen kann, wenn einem der Sinn danach steht. Zu diesem Zwecke werde ich am Ende des Artikels einige interessante Links auflisten.
Die Identifizierung der Leiche
Um eine Leiche zu identifizieren, gibt es mehrere Möglichkeiten, die aber allesamt abhängig von vorangegangenen Datenerfassungen sind. Neben den Finger- und Zahnabdrücken, ist es inzwischen auch üblich die DNA eines Toten zu überprüfen. Sind keine Daten zu dem Leichnam vorhanden, so gestaltet sich die Suche allerdings etwas schwierig. Eine relativ neue Methode – die vor allem dann zum Einsatz kommt, wenn alle anderen versagt haben und vom Leichnam nur noch Knochen übrig sind-, ist die Gesichtsrekonstruktion. Hier wird der Schädel des Opfers als Grundlage genutzt, um mit Computern die Gesichtsstruktur dieser Person zu rekonstruieren. Dabei entstehen digitale Fotografien des Gesichtes, die dann als Fahndungsfotos genutzt werden können.
Der Zeitpunkt des Todes
Den exakten Zeitpunkt eines Todes herauszufinden, ist beinahe unmöglich, denn zu viele Faktoren (Temperatur, Feuchtigkeit usw…) können den natürlichen Verfall eines toten Körpers beeinflussen. Allerdings gibt es grobe Richtlinien, die, ohne großen labortechnischen Untersuchungen, eine recht zuverlässige Aussage über das Alter eines Leichnams erlauben. Dabei gibt es drei wichtige Indikatoren:
Die rigor mortis, die Leichenstarre, beginnt bei Zimmertemperatur zwischen 1 und 2 Stunden an den Augenliedern, um sich dann mit fortschreitender Dauer nach unten zu arbeiten, so dass der Körper nach ca. 12 bis 16 Stunden vollkommen starr ist. Bei Hitze oder im Falle des Todes durch Asphyxie (Erstickung) kann die Leichenstarre sich schneller verbreiten. Nach 24 bis 36 Stunden post mortem löst sich die Starre, diesmal von unten nach oben.
Die algor mortis bezeichnet die Abkühlung des Körpers nach dem Tod auf die Umgebungstemperatur. Nach Eintritt des Todes fällt die Körpertemperatur von 37 Grad auf Raumtemperatur mit etwa 1 Grad pro Stunde.
Livor mortis bedeutet soviel wie die Farbe des Todes und bezeichnet die blau-violetten Flecken, die ca. 20-60 Minuten nach Todeseintritt auf dem Leichnam auftauchen. Sie entstehen durch Absinken des Blutes in tiefergelegene Teile einer Leiche, finden sich also je nach Lage der Leiche beispielsweise auf dem Rücken unter Aussparung der Aufliegeflächen an Schulterblatt und Gesäß. Bis zu 6 Stunden nach dem Todeseintritt lassen sich die Totenflecken umlagern. Das bedeutet: wird die Position der Leiche verändert, so verlagern sich auch die Totenflecken nach den Regeln der Schwerkraft. So lässt sich auch nachvollziehen, ob die Leiche nach Todeseintritt noch bewegt wurde.
Weitere Anhaltspunkte lassen sich auch durch den Verwesungszustand einer Leiche gewinnen. Normalerweise beginnt die Verwesung eines Körpers drei bis fünf Tage nach Todeseintritt. Die vollständige Verwesung, nach der nur noch das Skelett übrig ist, dauert circa 5 bis 9 Wochen, wenn der Körper der Witterung überlassen wird, zweimal solange braucht sie unter Wasser und acht mal solange unter der Erde.
Die forensische Entomologie bietet eine weitere Möglichkeit Hinweise auf die Leichenliegezeit zu bekommen.
Dieser besondere Zweig der Forensik beschäftigt sich mit der Besiedlung von Leichen durch Insekten. Bei diesen Insekten handelt es sich meist um nekrophage Vertreter dieser Gattung, wie etwa die Maden von Schmeißfliegen, Käsefliegen oder Fleischfliegen, verschiedene Käfer wie die Aaskäfer (u.a. der Totengräber) und die Speckkäfer sowie weitere Arten, die durch die verwesenden Stoffe angezogen werden. Die Insektenart, die sich in einer Leiche eingenistet hat und ihr Entwicklungsstadium lassen dann Rückschlüsse auf den Todeszeitpunkt zu.
Die Ermittlung der Todesursache
Nicht immer hat man das Glück über eine Leiche zu stolpern, die so eindeutigen Spuren der Todesursache aufweist, wie ein Einschussloch in der Stirn oder eine Axt, die bis zum Schaft im Rücken steckt. Viele Todesarten, die allesamt auch durch einen Mord verursacht werden können, kann man nur aufgrund von bestimmten äußerlichen Merkmalen erkennen. Hier einige Beispiele:
Erhängen
Das Erhängen ist eine Form der Strangulation, die häufig zum Zwecke des Selbstmordes benutzt wird.
Dabei entsteht ein Druck auf die Carotiden (die beiden wichtigsten hirnversorgenden Blutgefäße) von etwa 3,5 bis 5 KG, der innerhalb von 10 Sekunden zur Bewusstlosigkeit führen kann. Hat das Opfer Glück, bricht das Genick bevor er erstickt.
Äußere Befunde beim Erhängen
-Tränen- und Speichelfluss
-Selbstrettungsspuren (Kratzer und Schürfwunden am Hals, die durch den Versuch entstehen im Todeskampf in die Schlinge zu greifen)
-Blut aus Mund, Nase und Ohren
Erdrosseln
Unter Erdrosseln versteht man die Strangulation mittels eines Werkzeugs, das nicht durch das Körpergewicht, sondern auf andere Weise zugezogen wird.
Äußere Befunde beim Erdrosseln
-Dunsung des Gesichts
-Cyanose (Blauverfärbung) des Gesichts
-Kreisförmige, horizontale Drosselmarke am Hals
Erwürgen
Erwürgen nennt man die Strangulation ohne Werkzeuge, also nur mit den Händen.
Äußere Befunde beim Erdrosseln
-Würgemale am Hals
-Fingernagelverletzungen
-Fleckförmige Hämatome (blaue Flecken)
Ertrinken
Das Ertrinken ist der Tod durch Einatmen von Flüssigkeiten.
Äußere Befunde beim Erdrosseln
-Schaumpilz vor Mund und Nase (mit eiweißhaltigem Bronchialsekret durchmischtes Wasser)
-Dunsung des gesamten Körpers
Stromschlag
Die Gefährlichkeit von Strom ist von mehreren Faktoren abhängig:
– Die Durchströmungsdauer.
Je länger der Strom durch den Körper fließt, desto stärker sind auch die Auswirkungen.
– Die Stromart
Wechselstrom ist bei längerer Durchströmungsdauer etwa 3 mal gefährlicher als Gleichstrom. Dazu sind noch von Bedeutung: der Bereich der Körperoberfläche, die Art des Kontaktes und der Zustand der Stromübergangsstelle (Feuchtigkeit, Temperatur) und individuelle physiologische Eigenschaften der berührenden Person. Allgemein gilt das Stromstärken ab 50mA tödliche Folgen haben können, vor allem durch Herzkammerflimmern, Herzstillstand, Atemstillstand oder auch schwere innere Verbrennungen.
Äußere Befunde beim Stromschlag
-Brandverletzungen an den Ein- und Austrittstellen des Stroms
Schussverletzungen
Schusswunden sind Verletzungen, die durch ein abgeschossenes Projektil verursacht werden. Dabei kann das Projektil lebensnotwendige Organe verletzen und/oder innere Blutungen herbeiführen, die später zum Tode führen können. Der Einschuss ist bei senkrecht auftreffenden Geschossen rund, bei schrägem Eintreffen oval. Eine weitere Auswirkung von Pistolenkugeln und ähnlichen Geschossen, sind die Gewebeschäden, die durch die enorme kinetische Energie solch eines Projektils frei gesetzt wird. Die Ausschusswunde ist meistens größer als der Einschuss, da einerseits Gewebe aus dem Körperinnern mit hindurchgerissen wird und andererseits sich das Geschoss verformt und so seine längliche Gestalt verloren hat.
Die Beschaffenheit eines Einschusslochs gestattet eine ziemlich genaue Bestimmung der Schussentfernung.
Bei einem aufgesetzten Schuss platzt die Haut sternförmig auf, während man davon ausgehen kann, dass eine Schusswunde, die einen grauen, rußigen Kranz (Schmauchhof) aufweist, durch einen Schuss verursacht wurde, innerhalb einer Entfernung von bis zu 50 cm abgegeben wurde. Dieser Schmauchhof, der durch die heißen Pulvergase entsteht, fehlt bei Fernschüssen gänzlich.
Man unterscheidet zwischen folgenden verschiedenen Schussformen:
Durchschuss: Projektil geht durch den Körper hindurch. (Einschussloch – Schusskanal – Ausschussloch)
Steckschuss: Projektil bleibt im Körper stecken (Einschussloch – Schusskanal – kein Ausschussloch).
Prellschuss: Projektil dringt nicht in den Körper ein; erkennbar an rundlichen Hautvertrocknungen (das Geschoss findet man manchmal zwischen den Kleidern).
Streifschuss: Projektil streift den Körper und verursacht Streifverletzungen.
Gellerschuss: Projektil ist vor dem Eintreffen in den Körper (z. B. von Zaunlatte oder Ast) abgelenkt worden.
Winkelschuss: Projektil wurde im Körper abgelenkt z. B. von einem Knochen, dadurch ändert sich die Richtung des Projektils, so dass der Schusskanal nicht mehr gerade verläuft, sondern winkelförmig geknickt ist.
Krönlein-Schuss: rasantes Projektil führt bei Kopfschüssen zur Zersprengung des Schädels.
Stich und Schnittverletzungen
Ähnlich wie schon bei den Schussverletzungen, sind es weniger die Stich und Schnittwunden an sich, die zum Tode führen können, sondern die Folgen, wie innere Blutungen, hoher Blutverlust oder die Tatsache, das ein lebensnotwendiges Organ getroffen wurden.
Einen kleinen geschichtlichen Exkurs in die Rechtsmedizin
Andreas Vesalius hieß der Mann, der sich im Jahre 1543 wagte Galens (aka Galenus, Galenos) Bibel der Medizin anzuzweifeln, die immerhin seit gut 1400 Jahren als das Standardwerk der Medizin bestand hatte. Wie sich herausstellte waren viele der Ansichten Galens über die Menschliche Anatomie falsch, weil er die Sektionen an Schweine und Affen durchgeführt hatte und seine Ergebnisse einfach auf den Menschen übertragen. Erst das Werk De Humanis Corporis Fabrica von Andreas Vesalius legte, mit der Abbildung der korrekten menschlichen Anatomie, die Basis für die heutige Rechtsmedizin. Die rechtlichen Grundlagen wurden aber schon einige Jahre früher im Augsburger Reichstag gelegt, als im Jahre 1530 unter Karl V. die Constutio Criminalis Carolina beschlossen und zwei Jahre später in Regensburg ratifiziert wurde. Die Constutio Criminalis Carolina wurde auch die peinliche Halsgerichtsordnung genannt, wobei das peinlich nicht für etwas blamables steht, sondern aus der Pein, lateinisch Poena (Strafe), abgeleitet wird und die Halsgerichtsordnung für eine blutige Strafe, meist durch Verstümmelung, steht. Ziel der Constitutio Criminalis Carolina war es, eine Vereinheitlichung des Rechts im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation zu schaffen, womit gleichzeitig der bis dahin sehr willkürlichen und landesspezifisch unterschiedlichen Strafgerichtsbarkeit Einhalt geboten werden sollte. Für die Rechtsmedizin war sie vor allem wichtig, weil sie erstmals die Zuziehung von Ärzten bei medizinischen Fragen in der Rechtsprechung erlaubte.
Ab dem 16ten Jahrhundert ließ der Zürcher Stadtrat getötete Personen regelmäßig durch die fünf geschworenen Meister untersuchen., dabei handelte es sich um die Vorsteher der Gesellschaft der Bader und Chirurgen. In der Schweiz war es auch, dass sich 1912 die Gerichtsmedizin von der Pathologie und der Anatomie löste, und zu einer eigenständigen Disziplin wurde. Dort wurde dann auch das Gerichtsmedizinische Institut gegründet.
Aufgrund des Fortschritts im zwanzigsten Jahrhundert und den damit verbundenen technischen Möglichkeiten, hat die Rechtsmedizin einen immer größeren Platz in der Polizeiarbeit eingenommen. So werden in Deutschland, auch dank der DNA-Analyse und der Computervernetzung, 95% aller Tötungsdelikte aufgeklärt.
Wer also einen Mord plant, sollte am besten einen professionellen Auftragsmörder anheuern, um selbst keine Spuren zu hinterlassen.
– David Grashoff
Quellenangaben:
http://www.dgrm.de.vu (Deutsche Gesellschaft für Rechtsmedizin)
http://www.wikipedia.de
http://www.irm.unibe.ch