Die Folgen von Wunden

 

Dieser kurze Artikel richtet sich in erster Linie an Anfänger, kann aber auch erfahreneren Spielleitern einen interessanten Aspekt mal wieder ins Gedächtnis rufen. Der beschriebene Tipp passt am besten zu einem realistischen Spielstil.

 von Pascal Kamp

 

Ich erinnere mich noch an die gute alte Zeit, in der unsere Gruppe die Länder Aventuriens durchwanderte und dort auf allerlei fiese Gestalten traf. Da floss natürlich auch öfters das Blut unserer tapferen Recken.

Das sah dann meist so aus: „Der Ork trifft dich, du kriegst 11 Schaden. Du bist dran!“

So weit, so langweilig. Nur recht wenige Systeme arbeiten mit Trefferlokalisation. Aber das sollte doch keinen Spielleiter davon abhalten, die erlittenen Schäden genauer zu beschreiben. Wo wurde der Charakter getroffen, was passiert bei dem Treffer? Taumelt der Getroffene zurück, kann er mit letzter Kraft noch seine Waffe halten, oder wird ihm gar schwarz vor Augen?

Wenn der Feind erstmal niedergestreckt ist, geht die Reise mit verminderter Gesundheit weiter. Dies störte uns aber damals nie wirklich. Bis zum nächsten Kampf waren die Wunden vergessen, der Schmerz und mögliche Entzündungen (auf die ich vielleicht in einem späteren Beitrag mal eingehe) blieben aus.

Mittlerweile habe ich aber Freude daran gefunden, die verletzten Charaktere mit ihren Verletzungen auch außerhalb eines Kampfes zu konfrontieren. So bescheren Kopftreffer trotz Helm noch lange Zeit gehörige Kopfschmerzen und verstauchte Beine erwiesen sich bei Verfolgungsjagden auch nicht gerade als große Hilfe.

Zeige den Spielern ruhig, dass ihre Charaktere im Arsch sind!

Bei einem Cthulhu Abenteuer (Eisige Tiefen, sehr empfehlenswert!) ließ ich die Gruppe zu Anfang mit einem Flugzeug abstürzen. Allesamt verletzt mussten sie sich nun durch einen Schneesturm quälen und waren während des ganzen Abenteuers durch ihre Lädierungen deutlich behindert. Und alle Spieler empfanden diesen Zustand als sehr förderlich für die Atmosphäre. So wurde schon aus kleinen Vorhaben ein spanender Kampf ums Überleben! Aber das soll nun natürlich kein Aufruf sein, die Charaktere immer gleich zu Beginn halbtot schlagen zu lassen…

Ein anderes System, Unknown Armies, arbeitet mit einer sehr interessanten Idee, was die Lebensenergie angeht: Der Spielleiter verwaltet die Lebenspunkte. Die Spieler wissen nie, wie viele sie noch haben, Effekte von Schlägen, Schüssen, Stürzen etc. werden nur beschrieben und die Befindlichkeit ihrer Charaktere wird den Spielern mitgeteilt. Probiert es mal aus!

All das ist natürlich dann überaus kontraproduktiv, wenn ihr ein sehr heroisches System spielt. Wer will schon sehen, wie Aragorn daran scheitert, sich auf sein Pferd zu schwingen, weil er ein gebrochenes Bein hat, oder wie Riddick beim Klettern an einer Hauswand jämmerlich abstürzt, weil seine Hand verstaucht ist…

In diesem Sinne: Macht was draus, oder auch nicht, aber lasst es mich wissen! 😉

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Technik-Tipp: Intros im Rollenspiel

Die Story vor der Story

von Pascal Kamp

 

Was ist die allererste Szene von „Fluch der Karibik 1“?
Denkt mal drüber nach!

  • Eine Rückblende, in der man den jungen William Turner aus dem Meer fischt und die junge Elisabeth ihm ein Amulett abnimmt.

Oder was war noch die allererste Szene in Matrix?

  • Trinity, die ein paar Bullen vermöbelt und dann vor Agenten flieht.

Komm schon: American Beauty?

  • Die Göre „beauftragt“ ihren Freund, den Vater zu töten.

Wenn du nun kein ganz extremer Film-Freak bist, wusstest du das nicht alles. Auch wenn du die Filme eigentlich kennst. Warum nicht? Viele Filme beginnen mit Szenen, die vom eigentlichen Verlauf losgelöst sind und diese kann der Zuschauer sich auf lange Zeit nicht gut merken. Erst nach diesem ersten Eindruck beginnt der Film wirklich.

Und genau diese Technik bietet sich auch für Rollenspielrunden an. Denn solche kurzen Szenen machen neugierig auf den weiteren Verlauf (Wer ist diese Frau, die einfach mal die ganzen Bullen niederschlägt? Und wer sind diese Männer in Anzügen, vor denen sogar sie flieht?). Zudem ermöglichen es solche Einführungen den Spielern, sich auf das Spiel einzustimmen, bevor es für sie wirklich um die Wurst geht.

 

Und wie setze ich das im Spiel um?

Ganz einfach, wenn du ein paar Grundregeln befolgst:

Übertreibe es nicht!

Bringe nicht vor jedem Abenteuer einen Prolog. Dann ist die tolle Innovation irgendwann Routine und der Reiz schwindet. Und lasse diese erste Einführung nicht zu lang werden. Du willst das Abenteuer spielen, nicht die Einführung.

Verrate weder zu viel noch zu wenig:

Natürlich musst du aufpassen, dass dein Intro nicht zu viel über das folgende Abenteuer verrät. Das ist so, als wäre die Einleitung bei Matrix eine Vorschau, in der Neo niedergeschossen wird, aufsteht und die Agenten besiegt.

Aber die Einleitung sollte schon eine gewisse Relevanz haben und in enger Beziehung zum folgenden Abenteuer stehen. Aber eigentlich ist dieser Pfad zwischen den beiden Extremen breit genug, um gefahrlos auf ihm wandeln zu können.

Lasse dir nicht die Show stehlen:
Ein Intro soll der Gruppe etwas vermitteln. Da dürfen die Ereignisse nicht aus dem Ruder laufen. Besonders dann, wenn es sich um einen Rückblick handelt. Passe also auf, dass nichts geschieht, das den späteren Plot ins Wanken bringt!

Am Intro sollten einige Nichtspieler-Charaktere beteiligt sein, die im späteren Verlauf keine, oder keine großen Rollen mehr spielen. Beschreibe diese deinen Spielern kurz und teile sie unter den Anwesenden auf. Dabei muss nicht zwangsläufig jeder Spieler eine Rolle bekommen.

Beispiel:
“Du bist Benno, ein LKW-Fahrer. Nach 14stündiger Fahrt erreichst du einen Rastplatz, um deinen Koffein-Vorrat aufzufüllen.“

So, das reicht! Der Spieler hat alle relevanten Infos. Benno schlendert also in die Tanke. Perfekt!

Nun könnte diese beispielsweise überfallen werden, um eine CD-ROM zu bekommen, in deren Besitz der Typ hinter dem Tresen zufällig gekommen ist (Das erbeutete Geld ist für die Täter dann ein netter Nebeneffekt). Benno und die anderen NSCs sind zufällig gerade in der Tankstelle und werden zu Opfern dieses Verbrechens. Und wenn die Räuber später die Gegner unserer Helden werden sollen, bietet es sich an, dass sie Benno killen. Denn so haben sie einen der Charaktere des Spielers auf dem Gewissen und sein späterer Hass auf die Gegner wird noch viel tiefer sitzen.

Wenn die Helden dann später den Auftrag bekommen, diese CD zurückzuholen, sind sie schon hervorragend auf das Geschehen eingestimmt. Sie werden sich beim Intro fragen, was das für Typen sind, die eine Tankstelle überfallen, um an eine CD zu kommen. Und vor allem, was das wohl für eine CD ist! Das Intro hat hier weder zu viel verraten, noch war es zu weit vom eigentlichen Plot entfernt. Operation geglückt, Benno tot!

Dann erlischt das Licht für einen kleinen Moment, die Bühne wird umdekoriert und schon beginnt das eigentliche Abenteuer mit den richtigen Charakteren. Charakteren, die noch keine Ahnung haben, was sie erwartet. Die Spieler hingegen haben da schon eine böse Vorahnung.